· Pressemitteilung

Altkleidersammlung vor dem Kollaps – Gemeinnützige Infrastruktur in Gefahr

Vor einem Altkleidercontainer lagert sich der Müll aus blauen Säcken und alten Klamotten.

Der DRK-Kreisverband Limburg warnt: Die Altkleidersammlung steht vor dem Aus. Der drastische Preisverfall auf dem Altkleidermarkt gefährdet wichtige soziale Projekte in der Region und bringt die gemeinnützige Infrastruktur des Roten Kreuzes zunehmend unter Druck.

Das Telefon klingelt mehrmals am Tag. Die Kleidercontainer sind voll und viele Menschen wenden sich an die Verwaltung des DRK-Kreisverbands Limburg mit der Frage: Wohin mit ihren Altkleidern? Bereits Anfang des Jahres hat der Kreisverband auf die schwierige Situation aufmerksam gemacht. Diese verschärft sich aktuell weiter und betrifft nicht nur Limburg, sondern die gesamte Struktur des Deutschen Roten Kreuzes. Die Altkleidersammlung in Deutschland steht vor einer Zerreißprobe.

Der DRK-Landesverband Hessen e. V. schlägt Alarm. Ein drastischer Preisverfall auf dem internationalen Altkleidermarkt, gepaart mit neuen gesetzlichen Vorgaben, bringt die gemeinnützige Sammelinfrastruktur an ihre Grenzen. Beim DRK-Kreisverband Limburg liegt die Organisation der Altkleidersammlung vollständig in den Händen der ehrenamtlich geführten Ortsvereine. Sie betreuen die Standorte, behalten die Füllstände der Container im Blick und setzen sich aktiv dafür ein, dass diese geleert werden, indem sie regelmäßig bei den zuständigen Verwertungsgesellschaften auf eine zeitnahe Abholung drängen. Die Erlöse aus der Sammlung fließen direkt in die Finanzierung wichtiger Aufgaben vor Ort, etwa in die Jugendarbeit oder den Katastrophenschutz. Doch aktuell erhalten sie kein Geld mehr von den Verwertungsgesellschaften, obwohl sie ihre Arbeit weiterhin zuverlässig leisten. Erste Verwertungsgesellschaften mussten bereits Insolvenz anmelden. Die Folge: Container werden abgebaut, Lager sind überfüllt, soziale Projekte geraten in finanzielle Schieflage.

Zusätzlich sorgt die neue EU-Verordnung, die seit dem 1. Januar 2025 gilt, für Unsicherheit. Sie verpflichtet zur getrennten Sammlung von Textilabfällen, auch beschädigte Kleidung muss nun in Altkleidercontainern entsorgt werden. Viele Bürgerinnen und Bürger sind verunsichert, Fehlwürfe nehmen zu, und die Container werden zunehmend mit Fremdmüll verunreinigt. „Die Altkleidersammlung ist mehr als Abfallentsorgung, sie ist ein sozialer und ökologischer Dienst an der Gesellschaft“, betont Michael Rückert, stellvertretender Geschäftsführer des DRK-Landesverbands Hessen. „Wenn wir jetzt nicht handeln, verlieren wir eine jahrzehntelang bewährte Struktur.“

Auch der DRK-Kreisverband Limburg zeigt sich alarmiert über die Entwicklungen. Die Sammelcontainer werden unregelmäßig geleert, was zu überfüllten und vermüllten Sammelstellen führt. Große Hauptabnehmer der gesammelten Kleidung sind in Zahlungsschwierigkeiten geraten, offene Forderungen häufen sich. Die Erlöse sind massiv eingebrochen, mit direkten Folgen für die Finanzierung ehrenamtlicher Arbeit. 

In Elz funktioniert die Leerung der Container zwar noch, wie Kassierer Mario Muth berichtet, doch Zahlungen und Abrechnungen bleiben aus. Der Ortsverein Hünfelden hat bereits im letzten Jahr seine Container abgebaut. Die Ehrenamtlichen warten noch auf 8.000 Euro. „Bevor diese nicht gezahlt werden, stellen wir keine Container mehr auf“, erklärt Kassierer Martin Pomp. Auch Frickhofen wartet seit 15 Monaten auf ausstehende Zahlungen. „Die Leerung klappt bisher noch recht zuverlässig“, sagt Meik Flügel, „aber das Ablagern von Müll rund um die Container wird zunehmend zum Problem.“ Rüdiger Schäfer vom OV Limburg schließt sich den anderen an. Der Verwerter muss ständig erinnert werden, die Container zu leeren, die Zahlungen sind seit August letzten Jahres überfällig. Der OV Bad Camberg weist auf Facebook und Instagram daraufhin, dass kein Müll vor den Containern abzustellen sei, wenn diese voll sind. „Säcke vor den Behältern abzustellen, ist unerlaubte Müllbeseitigung und kann Bußgelder durch das Ordnungsamt nach sich ziehen“, so der Hinweis des Ortsvereins. Die Problematik bleibt für viele Bürgerinnen und Bürger unsichtbar. Sie sehen das DRK als verantwortlichen Sammler und wenn die Container überfüllt oder vermüllt sind, leidet der gute Ruf des Deutschen Roten Kreuzes.

Zum großen Bedauern vieler Kreisverbände bleibt auch die erbetene kommunale Unterstützung aus. Der DRK-Landesverband Hessen fordert daher dringend einen gesetzlichen Rahmen, um die Verwertung gebrauchter Kleidung zu sichern und gemeinnützige Organisationen wie das DRK zu schützen. Der DRK-Kreisverband Limburg übernimmt aktuell eine Aufgabe, die eigentlich in den Zuständigkeitsbereich des Abfallwirtschaftsbetriebs des Landkreises Limburg-Weilburg fällt: die Sammlung und Verwertung von Altkleidern. Diese Leistung wird derzeit vom DRK ohne jegliche Vergütung erbracht.

„Wir leisten hier einen Beitrag zur kommunalen Daseinsvorsorge und das rein ehrenamtlich“, betont Kreisgeschäftsführerin Petra Kaiser-Schenk. „Daher wünschen wir uns eine finanzielle und strukturelle Unterstützung durch den Landkreis Limburg-Weilburg, dessen Aufgabe die Abfallbeseitigung ist.“ Eine solche Unterstützung wäre ein wichtiges Signal der Wertschätzung für das Ehrenamt und würde helfen, die gemeinnützige Infrastruktur langfristig zu sichern.

Hintergrund:

Die Altkleidersammlung ist für das DRK eine wichtige Ressource. Die DRK-Kreisverbände und Ortsvereine organisieren Altkleidersammlungen individuell und eigenständig – über Container, Kleiderläden, Kleiderkammern und Sammelboxen an ihren Gebäuden. Für die gesammelten Altkleider gab es Geld; die Erlöse finanzieren soziale Projekte. Wegen sinkender Qualität („Fast Fashion“) ist ein wachsender Anteil nicht mehr verwertbar. Daraus entwickelt sich folgendes Problem: Sinkende Qualität der Spenden, reduzierte Einnahmen und eine langfristige Gefährdung der Finanzierung wichtiger DRK-Projekte. Das DRK sammelt jährlich bis zu 80.000 Tonnen Altkleider. Nur etwa die Hälfte davon ist noch tragbar. Der Erlös aus der Verwertung finanziert soziale Projekte sowie den Katastrophenschutz und versorgt jährlich über eine Million Menschen mit Kleidung.